Nach den letzten Kilometern bis zum Hotel war ich ziemlich am Ende – schmerzende Füße, zwei große, offene Blasen unter den Füßen und Muskelkater ohne Ende. Als ich ins Bett ging, dachte ich schon mit Schrecken an den heutigen Tag…
Aber heute morgen bin ich – wie die anderen Tage auch – bereits um kurz nach 6.00 Uhr wach. Meine Füße schmerzen noch ein wenig – kein Wunder, nach der Tortur, die ich ihnen bisher zugemutet habe, aber nicht in dem Umfang, wie ich es erwartet hätte. Ich dusche, packe meine Sachen und gehe zum Frühstück. Wie die Tage zuvor schaue ich mir beim Frühstück meine Route an: Soest soll es heute in jedem Fall werden, wenn es sich ausgeht auch noch Werl. Den ursprünglichen Plan, bis nach Wickede (Ruhr) zu laufen, gebe ich dran – schließlich habe ich keine zwei Füße zum Austauschen und bis Wuppertal müssen meine Füße auch noch durchhalten.
Nach dem Frühstück geht’s dann auf die Reise, vorbei am Erwitter Bruch zur Bundesstraße 1. Diese Bundesstraße, die auch durch meine Heimatstadt Hildesheim führt, soll mich also heute nach Soest führen. Rund 20 Kilometer sind zu bewältigen. Ich schätze mit einer reinen Laufzeit von rund 4,5 Stunden. Und trotzdem fühle ich mich ein wenig wie nach Hause laufen…
Die Landschaft entlang der Straße ist mancherorts idyllisch. Große Felder, Bäume als Windschutz, überall auch kleine und größere Windparks – all das ändert nichts an der Tatsache, dass es 20 Kilometer sind, die sich wie Kaugummi ziehen. Irgendwann vergeht mir auch die Lust, unterwegs zu fotografieren. Meine Füße beginnen wieder zu schmerzen – glücklicherweise melden sich meine Blasen nicht. Ich will einfach nur in Soest ankommen.
Als ich endlich den Marktplatz am Petrikirchhof erreiche, bin ich froh und glücklich zugleich. So langsam hat sich auch der Magen gemeldet, und ein Verkaufswagen eines Fischhändlers ist nicht weit. Meine erste Mahlzeit seit dem Morgen: ein Brötchen mit einem Bismarckhering…
Nach der Stärkung will ich mir nun doch ein wenig noch Soest anschauen – oder das, was ich im Stadtzentrum zu sehen bekomme.
Am Rande des Petrikirchhofs steht ein Modell der Stadt aus Bronze, damit auch Blinde sich einen Eindruck von der Stadt und ihren Dimensionen machen können. Ich bin gespannt, was mich erwartet und flaniere die Fußgängerzone entlang.
Ich finde eine Reihe von schmucken alten Bauwerken, die meinen Weg säumen. Vor allem die Fachwerkhäuser erfreuen mich.
Meine Suche nach einem akzeptablen, vor allem bezahlbaren Hotelzimmer, gestaltet sich jedoch schwierig. Eigentlich wollte ich nach der zurückgelegten Strecke heute in Soest bleiben, so aber geht es weiter nach Werl. Weitere 20 Kilometer liegen somit vor mir…
Zum Glück spüre ich meine Füße nicht mehr – oder geben sie jetzt wirklich Ruhe? Egal – ein Schritt nach dem anderen komme ich meinem Ziel näher. Schließlich habe ich Werl erreicht. Auf dem Weg zum Hotel komme ich durch die Stadt. Wie auch in Soest fallen mir sofort schmuck hergerichtete alte Häuser auf.
Aber auch Werl ist eine Stadt mit viel Leerstand in seiner Fußgängerzone. Trotzdem es gibt eine Reihe von Gasthäusern, die gut besucht sind – trotz der Corona-Pandemie.
Meine Füße sagen mir, dass es Zeit wird, ins Hotel zu gehen. Ich checke ein, suche mein Zimmer auf und bin froh, für heute die Etappe geschafft zu haben. Knapp 36 km habe ich zurückgelegt.
Ich sehe schon die Fragen in Augen meiner Leser: Und was ist mit Deinen Füßen los? Die Blase unter dem linken Fuß hat sich heute mit dem Blasenpflaster verklebt, so dass sich beim Entfernen des losen Blasenpflasters die Haut mit entfernt. Unter dem rechten Fuß ist die Blase zwar auch aufgeweicht, aber noch von der Sohlenhaut bedeckt.
Wie es mir morgen damit ergehen wird, wird sich zeigen. Hier aber noch für alle Interessierten das Höhenprofil meiner Strecke: