Nach einer guten und erholsamen Nacht geht es heute morgen frisch und ausgeruht zum Frühstück. Bereits um kurz nach 6.00 Uhr bin ich das erste Mal wach, um 6.30 Uhr stehe ich auf, dusche, packe meine Sachen und gehe zum Frühstück. Zuvor hatte ich mir noch das E‑Paper meiner Heimatzeitung, der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung heruntergeladen und zu meiner Freude einen großen Bericht über mein Projekt in der heutigen Ausgabe entdeckt.
Im Speisesaal der Abtei bin ich der einzige Gast: Wie ich erfahre, hat bereits seit gestern das Tagungshaus offiziell für die Ferienzeit geschlossen – meine Gastgeberin, die mir das Frühstück zubereitet, hat – nur wegen mir – ihren Urlaubsbeginn um einen Tag verschoben.
Das Frühstück ist ausgezeichnet und reichhaltig: Neben Vollkornbrot und Brötchen gibt es alles, was das Herz begehrt: Marmelade, Wurst, Käse, ein Ei und einen Apfel sowie eine Banane. Frisch gestärkt – Apfel und Banane darf ich mir als mitnehmen – geht es dann auf die Tour.
Ein letzter Blick zurück auf die herrliche Klosteranlage, dann hat die Straße mich wieder…
Bereits am frühen Morgen brennt die Sonne vom Himmel und kein Lüftchen regt sich…

Der erste Teil meiner Route soll mich heute nach Holzminden führen. Dort wird mich ein Redakteur des “Täglichen Anzeigers Holzminden” zu meinem Spendenlauf interviewen. Abgesprochen haben wir eine ungefähre Zeit gegen Mittag, für die rund 15 km vom Kloster Amelungsborn habe ich somit gut drei Stunden eingeplant.

Ich schaffe es tatsächlich, bereits gegen 11:30 Uhr in Holzminden an der Fußgängerzone zu sein und kann ein wenig vom Flair Holzmindens als ehemalige Parfümstadt genießen.
Viele historische Häuser prägen bis heute das Stadtbild des Innenstadt. Kurz vor meiner Ankunft in der Innenstadt hat sich ein Journalist der Zeitung bei mir telefonisch angekündigt, wir verabreden uns in der Fußgängerzone. In einem Straßencafe führen wir dann das Interview. Zu meinem Freude ist mein Gegenüber ein Sportjournalist, der sich auch für den Behindertensport interessiert. Wir sprechen darüber, wie ich Sigrun kennengelernt habe, über ihren Start beim Schwebebahlauf und beim Strongman Run und unsere Planungen als “Team Sigrun” für das laufende Jahr. Aber auch über die Ablehnung ihrer Krankenkasse, eine Sportprothese für sie zu finanzieren.
Was eine Sportprothese Sigrun ermöglichen könnte, zeigen ihre Ergebnisse, die sie bei ihren bisherigen beiden Läufen beim Mittsommerlauf und beim Schwebebahn-Lauf erzielte. Und natürlich sprechen wir darüber, dass das Gesundheitssystem nicht unbedingt vor einer Kostenlawine stehen würde, wenn es Sportprothesen als Hilfsmittel zu übernehmen würde, käme doch nur jemand in den Genuss einer solchen Prothese, der – wie bei allen anderen Hilfsmitteln auch – einen wirklichen Gebrauchsvorteil daraus ziehen würde. Zum Abschluss noch ein paar Fotos geschossen – der Bericht soll am Montag erscheinen – und gegen 12.30 Uhr ziehe ich weiter meinen Weg.
Aus der Innenstadt geht es zunächst zur Weser…
… und von dort weiter zum Ortsende, das gleichzeitig die Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ist.

Glücklicherweise muss ich meinen weiteren Weg nach Höxter nicht entlang der Bundesstraße gehen, sondern kann den Weser-Randwanderweg entlang laufen.
Saftige Wiesen und kühler Schatten unter den Bäumen entlang des Weges beflügeln meine Schritte. Aber immer wieder finde ich am Wegesrand Stellplätze für Wohnmobile oder Wohnwagen, die gut besucht sind und auf denen reges Treiben herrscht.

Es gibt aber auch andere Ecken…
Die Temperaturen haben mittlerweile Werte erreicht, die auch mich zwingen, häufiger als vorgesehen Pausen einzulegen.
Bei einer dieser Pausen an einem Rastplatz unter großen Bäumen kommt plötzlich ein älterer Rollstuhlfahrer mit seinem Elektrorollstuhl auf mich zugerollt. Er ist selbst beinamputiert und durch mein Shirt auf mich aufmerksam geworden. Er interessiert sich für die Geschichte hinter meinem Projekt, die ich ihm bereitwillig erzähle und ihm einen Flyer gebe. Und dann beginnt er von seiner eigenen Geschichte zu erzählen – von der Amputation, die seine Ehe zerbrechen ließ, den Schwierigkeiten seiner Prothesenversorgung, dem Verlust seines Arbeitsplatzes und der schlussendlichen Versorgung mit einem Elektrorollstuhl, weil ein Laufen mit Krücken nicht mehr möglich ist. Er berichtet mir, dass er sich gewünscht hätte, dass ihm bei seiner Prothesenversorgung jemand mit so einem Projekt zur Seite gestanden hätte. Wir unterhalten uns noch eine Weile, er wünscht mir Glück und viel Erfolg bei meinem Lauf und dass Sigrun schnell ihre Sportprothese finanziert bekommt. Schließlich zieht jeder von uns seiner Wege. Doch das Gespräch geht mir noch lange nach…
Schließlich erreiche ich Höxter, einen Plantage mit Birnenbäumen liegt direkt am Ortseingang.
Weil es zu nieseln beginnt, entschließe ich mich zu einer Pause in einem Schnellimbiss – meine letzte Mahlzeit liegt schließlich schon einige Stunden zurück…

Nun gut, Fastfood ist nicht unbedingt das beste Essen, aber wer bereits 25 km gelaufen ist, dem machen die paar “ungesunden” Kalorien auch nichts aus. Nach einer halben Stunde “Mittagspause” – es ist inzwischen bereits nach 15.00 Uhr – geht es dann in die ebenfalls historische Innenstadt von Höxter.

In einer Eisdiele entlang meines Wegen lacht mich ein Eis an – ich beschließe, erneut eine Pause zu machen und mir einen Milchshake und ein Eis schmecken zu lassen.

Weil es immer heftiger regnet, entschließe ich mich, meinen urspünglich geplanten Weg nach Brakel heute nicht mehr fortzusetzen und mir statt dessen eine Unterkunft zu suchen. Ich finde sie in einem Hotel am Rande der Innenstadt.
Nachdem ich eingecheckt habe, nutze ich die Möglichkeit im Restaurant und genieße erst einmal ein kühles Bier, bevor ich mich auf meine Zimmer zurückziehe, dusche und diesen Blog schreibe.

Für alle, die es interessiert, hier noch das Höhenprofil meiner heute nur knapp 27 km langen Strecke:

Hallo Matthias,
Schön, dass ich hier mitlesen kann. Interessant ist es auf jeden Fall und ich freu mich schon auf Tag 3.
ich wünsche Dir dafür viel Kraft und Gesundheit👍